Bild: Wetterfahne

Andreasgemeinde Kiel-Wellingdorf

Geistliches Wort


Friede sei mit euch!

So grüßte Jesus seine Jünger, als er ihnen plötzlich erschien. Wir verstehen unter Frieden schnell die Beendigung von Krieg und Terror. 77 Jahre ohne Krieg, das ist ein großes Geschenk für unser Land! Oft wird Friede verstanden als das Gegenteil von Streit und Auseinandersetzungen. Verständnis füreinander, Hilfe und Achtsamkeit tragen zu einem guten Miteinander bei. Der Friede, von dem Jesus spricht, ist der hebräische Schalom. Dieser Friede geht über die Abwesenheit von Krieg und Streit hinaus. Der Schalom Gottes ist das Kennzeichen vom Reich Gottes, welches Gott mit Hilfe der Christen in dieser Welt schon aufrichtet. Gottes Geist wird Frieden einkehren lassen in unsere Herzen. Gottes Geist schenkt Gewissheit und Gelassenheit inmitten der menschlichen Auseinandersetzungen. Gott räumt nicht alle Schwierigkeiten aus dem Weg, wie wir uns das oft wünschen; Gott schenkt vielmehr Trost und Mut in allen Fragen und Herausforderungen, die wir zu bewältigen haben.

So kann der Friede Gottes zur Basis unseres Handelns werden, dass wir uns einsetzen für Gerechtigkeit und Fairness statt Egoismus und Maßlosigkeit. Wir können uns einsetzen für Gelassenheit und Demut statt Stolz, Rechthaberei und falsch verstandenem Patriotismus. Friede Gottes meint nicht Duckmäusertum. Friede Gottes gilt dem einzelnen Menschen und auch der Gesellschaft und den Völkern untereinander.

Von Leo Nikolajewitsch Tolstoi wird folgende Geschichte erzählt: Es gehörte zu den täglichen Gewohnheiten des Gutsbesitzers und großen russischen Schriftstellers, sich am Nachmittag im Park zu ergehen, der Natur nachzuspüren und die Gedanken kreisen zu lassen. So war es auch an diesem Oktobertag, an dem die Sonne mit ihren Strahlen das Herbstlaub vergoldete.

Welch friedliche Natur!

Auf seinem Weg störte ihn eine Schar halbwüchsige Buben, die mit Geschrei durch den Park tobten. Sie hatten sich mit Stöcken und allerlei Gerät bewaffnet. Als sie geradewegs auf Tolstoi zustürmten, sah er zu seinem Entsetzen, dass einige größere auf zwei kleine einschlugen. Mit lauter Stimme gebot er Halt - verlegen und ängstlich versammelte sich die Gruppe um ihn. „Welch schändliche Tat“, herrschte er die Knaben an. „Wollt ihr euch gegenseitig totschlagen?“ „Aber nein, Gospodin“, antwortete ein Junge, der wohl der Sprecher der Gruppe war: „Wir spielen doch nur.“ - „Und wie heißt dieses Spiel?“ fragte der Gutsherr weiter. „Wir spielen Krieg.“ Tolstoi schüttelte energisch den Kopf und entgegnete laut: „Krieg, Krieg - ihr solltet lieber Frieden spielen!“ Missbilligend den Kopf schüttelnd ging Leo Nikolajewitsch weiter. Auch die Jungen waren still geworden und steckten die Köpfe zusammen. Plötzlich rannte der Sprecher hinter Tolstoi her, zupfte ihn am Ärmel und fragte: „Bitte, Gospodin, wie spielt man eigentlich Frieden?“¹

Fangen wir an, von der Zutatenliste des Friedens einiges in unseren Alltag hineinzunehmen und uns mutig als Friedensstifter zu betätigen. „Friede sei mit euch!“

Pastorin Margret Laudan

¹ zitiert nach Siegfried Aust: Wie spielt man eigentlich Frieden? In: Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (Hg.): Themenbroschüre zum Internationalen Jugendwettbewerb der Volksbanken, Raiffeisenbanken, Wiesbaden 1994)


700 Jahre Wellingdorf
Gottes Barmherzigkeit hat kein Ende

Vor 700 Jahren wurde Wellingdorf zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Da gab es schon eine Kirche in Ellerbek, dort wo früher nach der alten Straßenführung die Minnastraße in den Klausdorfer Weg mündete. Von 1327 bis 1896 gingen die Christen in die Maria-Magdalenen-Kirche nach Elmschenhagen in den Gottesdienst. Am 16.8.1896 wurde für die Dörfer Ellerbek und Wellingdorf eine Kirche in der Friedenstraße eingeweiht, die 1917 zum Reformationsjubiläum den Namen „Bugenhagenkirche“ erhielt. Im Krieg wurde diese Kirche 1941 abgerissen. Die Christen trafen sich im Gemeindehaus in der Wahlestraße 25, und nachdem dieses Haus durch Bomben zerstört wurde im Wohnzimmer des angemieteten Pastorates im Wehdenweg 65.


Schweizer Christen spendeten eine Holzkirche, die in der Schönberger Straße 41-45 ihren Platz bekam (wo heute der Parkplatz von Netto sich befindet). In dieser Holzkirche fanden von 1948 – 1962 die Gottesdienste für die Stadtteile Wellingdorf, Ellerbek und Neumühlen-Dietrichsdorf statt. Am 6.3.1965 wurde dann die Andreaskirche in der Wischhofstraße geweiht. Sie bildet seitdem den Mittelpunkt für die Christen in unserem Stadtteil.


Wellingdorf war über Jahrhunderte ein Bauerndorf. Kleine Höfe betrieben zusätzlich einen kleinen Handwerksbetrieb, z.B. Fährbootsbesitzer, Grobschmied, Böttcher, Bleicher, Grützmüller, Zimmergeselle oder Schuster. Vor etwa 200 Jahren gab es im Dorf eine Volksschule mit 70 Kindern. 1910 wurde Wellingdorf eingemeindet und gehört seitdem zur Stadt Kiel.

Vieles hat sich verändert in Wellingdorf: aus einem Dorf wurde ein Stadtteil, die alten Gebäude wurden im Krieg zerstört oder mussten neuen weichen. Anstelle von Bauern und Handwerkern wohnen und arbeiten Mitarbeiter der Howaldtswerke-Deutsche Werft hier. Selbst der kirchliche Mittelpunkt hat sich immer wieder verlagert: vom Klausdorfer Weg nach Elmschenhagen, in die Friedenstraße, die Wahlestraße, den Wehdenweg, die Schönberger Straße und schließlich in unsere Andreaskirche in der Wischhofstraße.

Aber Gott ist treu! Gott wandelt sich nicht, dass wir ihn nicht mehr erkennen könnten. Seit Jahrhunderten hat er Menschen Hoffnung und Halt gegeben. Mose und dem Volk Israel hat Gott sich offenbart als „Herr, Gott, barmherzig und gnädig und geduldig und von großer Güte“ (2. Mose 34,6). Daran haben sich auch die Israeliten erinnert nachdem sie von den Babyloniern besiegt und viele von ihnen in die Verbannung nach Babylon deportiert worden waren. Nachdem sie ihr Elend bejammert hatten erinnerten sie sich an Gottes Zusagen und Gottes Treue: „Die Güte des Herrn ist’s, dass wir nicht gar aus sind, seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende, sondern sie ist alle Morgen neu, und deine Treue ist groß“ (Klagelieder 3,22+23).

Gottes Treue gilt uns bis heute. Bei aller Veränderung erleben wir auch die unwandelbare Treue Gottes. Oft fällt uns das nicht auf, in der Natur zum Beispiel. Die Jahreszeiten folgen einander, Regen und Sonne wechseln sich ab. Erst bei großen Naturkatastrophen wie Erdbeben oder Zunamis kommt es uns wieder zum Bewusstsein, dass die Abläufe in der Natur nicht selbstverständlich und doch so essentiell sind für unser tägliches Leben. Genauso brauchen Menschen Orientierung, Perspektive und Hoffnung für ihr Leben, damit sie sich entfalten und ihre Gaben in der Gesellschaft einsetzen können.

Und ganz besonders leben wir im Glauben von Gottes Treue und Barmherzigkeit. Wir müssen nicht Gott durch einen anständigen Lebenswandel überzeugen, dass wir mit ihm Gemeinschaft haben dürften. Wir müssen nicht erst „richtig“ beten, damit Gott uns hört. Unser Glaube wird gehalten von Gottes Treue und Barmherzigkeit. Gott hält uns fest, wir müssen uns nicht krampfhaft an ihm festhalten. Selbst wenn wir Gott mal losgelassen haben und unsere eigenen Wege gegangen sind, dürfen wir zu ihm zurückkehren. Seine Vergebung erneuert unsere Gottesbeziehung.

Es lohnt sich, den Blick von den alltäglichen Kümmernissen weg auf Gott zu wenden. Es tut gut, sich an die Erfahrungen von Gottes Treue in unserem Leben zu erinnern. In unserem Stadtteil Wellingdorf können wir neben schweren Erfahrungen und Leid auch Bewahrung, Entfaltung und Segen entdecken. Dabei prägt uns unsere Blickrichtung. Wer nur auf Leid und Benachteiligung schaut, wird niedergeschlagen und hoffnungslos. Wer aber auf Gott vertraut, wer mit Gottes Eingreifen rechnet, der schaut erwartungsvoll in die Zukunft und öffnet sich den Möglichkeiten des Lebens. Dazu ermutigt uns der Glaube an den lebendigen Gott.

So lassen Sie uns mit einem Kirchenlied aus dem 17. Jahrhundert unser Vertrauen auch weiterhin in Gott setzen:
Alles ist an Gottes Segen und an seiner Gnad gelegen
über alles Geld und Gut.
Wer auf Gott sein Hoffnung setzet, der behält ganz unverletzet
einen freuen Heldenmut.
Der mich bisher hat ernähret und mir manches Glück bescheret,
ist und bleibet ewig mein.
Der mich wunderbar geführet und noch leitet und regieret,
wird forthin mein Helfer sein.
Hoffnung kann das Herz erquicken; was ich wünsche, wird sich schicken,
wenn es meinem Gott gefällt.
Meine Seele, Leib und Leben hab ich seiner Gnad ergeben
und ihm alles heimgestellt.

Pastorin Margret Laudan


Beim Stadtteilfest 2017 wurde an der Ecke Wischhofstraße/ Schönberger Straße (da wo früher die Shell-Tankstelle war) ein von Pastor i.R. Gottfried Christopher Hesse gestifteter Stein mit der Inschrift:
700 Jahre Wellingdorf
1315 – 2015
Gottes Barmherzigkeit hat noch kein Ende

von Stadtpräsident Hans-Werner Tovar, Ortsbeiratsvorsitzendem Daniel Pollmann, MdL Bernd Heinemann und Pastor Hesse feierlich enthüllt.


Jahreslosung 2015 aus dem Römerbrief 15,7
„Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat.“

Ja, das wünschen wir uns, dass wir angenommen und wertgeschätzt werden. Das ist die Voraussetzung dafür, dass sich Leben entfalten kann und ein Kind zu einer stabilen Persönlichkeit heranwächst. Aber es ist gar nicht so leicht, den anderen anzunehmen, wenn er anders ist als wir, wenn er andere Überzeugungen hat und andere Gewohnheiten pflegt. Manchmal scheint es, einander anzunehmen fällt umso schwerer, je näher wir einander stehen. Auch in der Kirchengemeinde treffen wir auf eine bunte Mischung unterschiedlichster Typen/ Charakteren. Wie kann ein gutes Miteinander gelingen? Wie nimmt man den anderen an, besonders den, der mir nicht liegt? Was hat Jesus Christus gemeint, wenn er von Annahme und Liebe untereinander sprach?
Zunächst einmal hat Jesus von dem gesprochen, wie Gott uns Menschen begegnet. Gott nimmt uns an, so wie wir sind. Keiner muss sich das Wohlwollen Gottes verdienen. Gott schenkt den Menschen seine Liebe frei und großzügig. Wer diese Zuwendung Gottes erfahren hat weiß, wie wohltuend das ist, wenn ich sein darf, wie ich bin. Ich muss keinem mehr etwas vormachen, nirgendwo etwas darstellen, was ich sowieso nicht bin. Befreit von der Last, irgendwelchen Ansprüchen zu genügen, kann ich nach dem fragen, was mir und was Jesus Christus wichtig ist. Es muss ja nicht alles so bleiben, wie es ist. Manches, was ich bei mir entdecke, schmerzt mich, manches wünschte ich mir anders. Darüber kann ich mich mit Gott unterhalten und dann beginnt ein spannender Weg.
Wer selber diese Annahme erfahren hat, wer selber mit sich zurande gekommen ist, dem fällt es leichter, auch andere Menschen anzunehmen, sie stehenzulassen wie sie sind. Das heißt ja nicht, dass ich alles für gut befinden muss, was sie tun und lassen. Bei manchem kann ich von Herzen zustimmen, bei anderen Angelegenheiten anderer Meinung sein, manchmal auch heftig debattieren. Doch die Achtung vor der Person soll erhalten bleiben, das heißt Annahme. Der andere ist von Gott genauso geliebt und gesucht, geachtet und gesegnet wie ich.
Es gilt also, den einzelnen Menschen in den Mittelpunkt zu stellen und nicht Erwartungen, Gebote oder Regeln. Das ist die gute Botschaft, die Jesus den Menschen brachte: Es kommt Gott auf dich an, auf deine Stärken und Schwächen, deine Sehnsüchte und Freuden. So hat er dich geschaffen, so hat er dich gewollt. Daraus kann er etwas Wundervolles machen zusammen mit dir. Annahme setzt Entwicklungspotential frei. So lasst uns das, was wir bei Gott erfahren, an andere weitergeben. „Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat.“ Möge Gott uns seine Kraft und Liebe und Ausdauer in diesem Jahr schenken, dass Menschen in unserer Kirchengemeinde erfahren, dass sie angenommen und geachtet sind und ihre Begabungen sich entfalten dürfen zur Ehre Gottes.

Ihre Pastorin Margret Laudan


Haben Sie heute schon jemanden gelobt?

Wir Menschen brauchen alle Lob und Ermutigung. Ich habe noch nie jemanden erlebt, dem wertschätzende Worte nicht gut täten. Leider sind wir viel schneller geneigt zu kritisieren und zu tadeln als zu loben.
Manche Menschen loben nicht, weil sie denken, dann könnte der Andere stolz werden. Doch ein Lob ermutigt in erster Linie, und Ermutigung brauchen wir alle. Ein Grund dafür, dass wir Mühe haben, andere zu loben, könnte darin liegen, dass wir auch Gott gegenüber sparsam sind mit Lob. Obwohl die Bibel voll vom Lobe Gottes ist, fällt es uns schwer, IHN oder auch andere zu loben. Unserem Stolz fällt es schwer, Lob gegenüber jemanden auszusprechen. Eine unserer Hauptaufgaben ist es, Gott mit Worten und Werken zu loben. Aber wir sollten auch nicht mit Lob gegenüber anderen sparen. Da können wir viel von Paulus lernen, der sehr häufig lobend von anderen Geschwistern redet (Römer 15, 14; 1. Thessalonicher 1, 6–7).
Wenn ich über die Größe Gottes staune, wenn ich Sehnsucht nach IHM habe, wenn ich freiwillig Zeit mit IHM verbringe, wenn ich über Wünsche, Ärger, Not und Sorgen offen mit IHM rede, wenn ich Trost, Sicherheit, Frieden und Freude in nicht veränderbaren Situationen erlebe, wenn ich mich an IHM freue, wenn ich morgens aufstehe und erlebe, wie er mir durch den Tag hilft, wenn ich letztendlich Gott, meinen Vater, immer besser kennen und lieben lerne, dann kommt Dank, Lob und Anbetung unabhängig von festgelegten Zeiten aus meinem Herzen.
Und dann gibt es auch Lebensumstände, in denen sind wir unfähig, Gott mit dankbaren Herzen zu begegnen. Es gibt Zeiten, da sind wir mit uns beschäftigt oder in den Situationen gefangen, dass Lob oder Dank in unseren Herzen nicht zu finden sind. Gott sei Dank bin ich in der Schule Gottes und darf selber lernen und üben. Es tut gut gelobt zu werden. Dem Anderen aufmunternd auf die Schulter klopfen, auch wenn das Ziel noch nicht erreicht ist, die positiven Seiten erwähnen, ihm einen Blickwechsel ermöglichen, das tut gut.
Das Dranbleiben und Durchhalten sollten wir durch Lob und Ermutigung fördern. Möge Gott es Ihnen schenken, dass Sie zu denen gehören, die dem Anderen Lob und Ermutigung zusprechen können.

Ihre Regina Liebig


  Andreasgemeinde Kiel-Wellingdorf